
Brexit – sportrechtliche Betrachtung
Brexit: Was erwartet EU-Ausländer im Sportbereich?
Seit dem 31. Januar ist das Vereinte Königreich nicht länger Mitglied der Europäischen Union (EU). In einer Übergangsphase bis zum Jahresende 2020 werden die Auswirkungen des Austritts für die Arbeitswelt der beteiligten Nationen zunächst kaum spürbar sein.
Aber was erwartet EU-Bürger, die in Großbritannien im Sportbereich tätig sind oder dort Fuß fassen wollen danach?
Ausgangslage
Die Sports and Recreation Alliance geht als Dachorganisation der über 300 britischen Sportverbände von rund einer Million Arbeitsplätzen im eigenen Sportsektor aus. Davon sind laut der britischen Regierung immerhin knapp vier Prozent von EU-Bürgern besetzt.
Bislang profitierten die Menschen auf beiden Seiten des Ärmelkanals von den Errungenschaften eines vereinten Europas, die mittlerweile wie selbstverständlich erscheinen. Mit Blick auf die Arbeitswelt sind das neben dem freien Waren- und Dienstleistungsverkehr vor allem die Niederlassungsfreiheit und der freie Personenverkehr. Ein besonderer Bestandteil des freien Personenverkehrs ist die Freizügigkeit von Arbeitnehmern als konstituierendes Element des europäischen Binnenmarktes (Art. 45 AEUV). Demnach genießen EU-Bürger, die Zugang zum Arbeitsmarkt eines anderen Mitgliedstaates suchen, einen besonderen Diskriminierungsschutz, der nicht eingeschränkt werden kann.
Die Freizügigkeit ist eine europäische Grundfreiheit, die über gewöhnliche völkerrechtliche Verträge (Freihandelsabkommen) hinausgeht, da sie auf die wirtschaftliche und politische Eingliederung von EU-Ausländern in den betreffenden Mitgliedstaat gerichtet ist.
Übergangsphase
Dem Austrittsabkommen gemäß wird Großbritannien während des Übergangszeitraumes in Bezug auf das EU-Recht und das zur Umsetzung europäischer Richtlinien geschaffene nationale Recht der Mitgliedstaaten weiterhin wie ein solcher behandelt. Der deutsche Gesetzgeber hat auch für das autonome nationale Recht die Fiktion einer mitgliedstaatlichen Stellung des Vereinten Königreichs für die Dauer der Übergangsperiode normiert (§ 1 Brexit-Übergangsgesetz).
Bis zum 31.12.2020 gelten demnach die europäischen Grundfreiheiten, so auch die Freizügigkeit von Arbeitnehmern für EU-Ausländer, in Großbritannien fort.
Voraussichtliche Entwicklungen
Für die Zeit danach halten sich die zuständigen britischen Behörden bislang bedeckt. Das Department for Digital, Culture, Media and Sport (DCMS) etwa ging bei seiner letzten Veröffentlichung im Oktober 2019 noch von einem harten Brexit ohne Austrittsabkommen aus.
Für EU-Bürger, die in der britischen Sportbranche tätig sind oder werden wollen, dürfte sich nach der Übergangsphase jedoch einiges ändern. Im Allgemeinen werden sich die Anforderungen an bzw. Voraussetzungen für EU-Bürger erweitern.
Insbesondere lassen sich folgende Veränderungen und Entwicklungen absehen:
- Durch den Wegfall des Grundrechts auf Freizügigkeit von Arbeitnehmern im Verhältnis zu Großbritannien, werden EU-Ausländer – wie alle anderen Drittstaatsangehörigen – ein Arbeitsvisum für ihre Auslandsbetätigung in der Sportbranche benötigen.
Das Problem trifft übrigens auch Profi-Sportler aus nichteuropäischen Drittstaaten, deren Spielerlaubnis in Großbritannien bislang über Assoziierungsabkommen ihrer Heimatstaaten mit der EU an die unionsrechtlichen Bedingungen angelehnt war.
- Für EU-Bürger, die bereits für eine z.B. in Deutschland ansässige Limited arbeiten, stellt sich die Frage nach deren gesellschaftsrechtlichem Schicksal. Juristische Fragen wie diese müssen im Einzelfall geklärt werden.
- Transfers von minderjährigen Sportlern aus dem Ausland in das Vereinte Königreich werden nach der Übergangsphase erheblich strenger reglementiert.
- Aus Unternehmersicht ist z.B. bei der Arbeitnehmerentsendung zu beachten, dass der bilaterale Austausch von Mitarbeiterdaten nach der Übergangsphase deutlich strengeren Anforderungen unterliegen wird.
- Großbritannien muss sich seit dem Brexit auf einem wettbewerbsintensiven „Event-Hosting-Markt“, d.h. bei der Vergabe von Großveranstaltungen im Sportsektor neu positionieren und behaupten. Für Arbeitnehmer aus dem Ausland wird entscheidend sein, welche Strategien Großbritannien dabei verfolgt. Für entsprechende Investitionen könnte ein mögliches Handelsabkommen mit den USA maßgeblich werden.
Es darf jedenfalls mit Spannung erwartet werden, wie sich die Sportbranche in Großbritannien abgekoppelt von der EU weiterentwickelt. Wir vom sportrecht-berater.de Team betreuen Sie in diesem Zusammenhang ganz individuell zur Klärung Ihrer arbeits- und gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen.
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