Haftung beim Fahrradsturz im Triathlon

Fahrradsturz im Triathlon – Wer haftet?

Jeder Athlet kennt diese Situation im Wettkampf: Mit voller Motivation und unter hoher Belastung steigt die Risikobereitschaft und sinkt die Aufmerksamkeit.
Schnell kann es dann zu einem Sturz auf dem Fahrrad kommen. Die Ursachen können vielfältig sein: Eigenverschulden, Fremdverschulden, Mitverschulden. Die Folgen können gravierend sein.

Haftung stets Frage des Einzelfalls

In der Praxis kommt es bei der Frage nach der Verantwortlichkeit regelmäßig zu Rechtstreitigkeiten. Meist ist es so, dass der verunfallte Wettkampfteilnehmer den Veranstalter verklagt. Entscheidend sind natürlich immer die Umstände des Einzelfalls.

Jedoch haben sich in den letzten Jahren Grundsätze bei der Rechtsprechung herausgebildet. Ausgangspunkt war ein Urteil des Landgerichts Heilbronn (Urteil vom 20.02.2013, Aktenzeichen 5 O 295/12 Mc).

Sachverhalt des Urteils

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger stürzte mit seinem Fahrrad während des Triathlonwettkampfes. Er zog sich Schulterverletzungen zu. Daraufhin verklagte er den Triathlonveranstalter.
Auf der Radstrecke befanden sich an einer Stelle drei quer zur Straße verlaufende Verkehrsschwellen. Diese Bodenschwellen waren mit neonfarbenen Klebeband markiert. Hier stürzte der Kläger mit seinem Rennrad.

Der beklagte Veranstalter bot den Teilnehmern vor der Veranstaltung ein offizielles Abfahren der Strecke in verschiedenen Leistungs- und Geschwindigkeitsgruppen an, um sich mit der Strecke und ihren Gefahren vertraut zu machen. Am Morgen des Veranstaltungstags fand eine Wettkampfbesprechung statt, an der auch der Kläger teilnahm.

Der gestürzte Kläger meint nun, dass der beklagte Veranstalter aufgrund mangelhafter Organisation des Wettbewerbs seine sogenannten Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt habe. Die Absicherung der Radstrecke sei unzureichend gewesen. Insbesondere sei das Anbringen der Klebestreifen auf dem Boden kurz vor dem Hindernis nicht geeignet gewesen, die Radfahrer angesichts der dort gefahrenen Geschwindigkeiten von 40-50 km/h auf das Hindernis hinzuweisen.

Ergebnis des Verfahrens

Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab.

Zwar war die beklagte Veranstalterin des Triathlons verkehrssicherungspflichtig. Sie musste als Veranstalterin des Wettbewerbs die Teilnehmer vor Gefahren schützen, die sich aus einer unzureichenden Organisation und Absicherung ergaben. Die Beklagte war für den Zustand und die Eignung der Rennstrecke und deren sichere Benutzungsmöglichkeit verkehrssicherungspflichtig. Jedoch hat der Veranstalter seine Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt.

Triathlon ist kein reines Radrennen!

Das Landgericht differenzierte zwischen den Anforderungen von Verkehrssicherungspflichten für ein reines Radrennen und für einen Triathlon. Die Richter meinten, dass vor allem zu berücksichtigen ist, dass bei einem Triathlon – anders als bei einem Straßenradrennen – das Windschattenfahren verboten ist.
Das Gericht führte aus: Bei einem „normalen“ Straßenradrennen fahren die Radrennfahrer häufig in Gruppen, wobei praktisch kein Sicherheitsabstand eingehalten wird. Dies dient der optimalen Ausnutzung des Windschattens. In derartigen Pulksituationen ist das Augenmerk der Fahrer grundsätzlich weniger auf von außen wirkende Hindernisse gerichtet.
Hiervon unterscheiden sich Triathlonveranstaltungen wesentlich, da es grundsätzlich verboten ist, den Windschatten eines anderen Wettkampfteilnehmers auszunutzen.

Was hat die Entscheidung für Konsequenzen?

Für Veranstalter von Triathlonrennen hat diese Entscheidung Klarheit geschaffen. Denn das Gericht hat sehr gut herausgearbeitet, welche Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichten zu stellen sind. So ist deutlich, dass der Veranstalter bei Rennen mit dem klassischen Windschattenverbot grundsätzlich geringere Anforderungen an die Streckenabsicherung trifft, als bei Rennen mit Windschattenfreigabe.

Auch für Athleten war die Entscheidung des Landgerichts Heilbronn wichtig. Denn das Urteil ist eine Mahnung, dass man als Athlet trotz Wettkampfstress und Anstrengung niemals die Strecke und die Beschaffenheit aus den Augen lassen darf.

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