Zwanziger Urteil des OLG Frankfurt: Kein Schadensersatz für Zwanziger

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt a.M. gegen den ehemaligen DFB-Präsidenten Dr. Theo Zwanziger begründen keine Ansprüche auf Schadensersatz von Zwanziger gegen das Land Hessen. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat unter dem Aktenzeichen Az. 2-04 O 328/16 das Urteil des Landgerichts Frankfurt bestätigt.

OLG Frankfurt Urteil: Kein Schadensersatz für Zwanziger

Im Zuge der Ermittlungen zu den Umständen der Vergabe der WM 2006 ermittelte die Staatsanwaltschaft seit Dezember 2015 auch umfangreich gegen den ehemaligen DFB Präsidenten Dr. Theo Zwanziger.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen Zwanziger nicht wegen einer Bagatelle, sondern wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall, der gemäß § 370 Absatz 3 AO mit bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Im Zuge der Ermittlungen durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Wohnung von Dr. Zwanziger. Im Laufe des Ermittlungsverfahrens gelangten immer wieder Details der Ermittlungen an die Presse. Dies war Zwanziger ein Dorn im Auge und er fühlte sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

Zwanziger warf der Staatsanwaltschaft Frankfurt Pflichtverletzungen bei den Ermittlungsverfahren vor und begehrte im Rahmen eines sog. Amtshaftungsprozesses vom Land Hessen Schadensersatz. Er forderte mindestens EUR 25.000,00 vom Land Hessen.
Der Kläger Zwanziger knüpfte seine Forderungen an verschiedene Ereignisse des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren an und führte mehrere Argumente ins Feld, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen:

Zunächst griff er an, dass die Staatsanwaltschaft überhaupt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und fortgeführt hat. Das Oberlandesgericht sah aber in der Einleitung des Ermittlungsverfahren keine Amtspflichtverletzung. Hier machte der Senat des OLG Frankfurt interessante Ausführungen zum Prüfungsmaßstab im Rahmen von Amtshaftungsprozessen und stützte sich dabei auch auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Denn im vorliegenden Fall prüft der Senat des OLG Frankfurt nicht, ob die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen Zwanziger richtig oder falsch war. Die Zivilrichter des Senats des OLG Frankfurt prüfen nur, ob die Einleitung des Ermittlungsverfahrens vertretbar war. Dies bejahten die Richter vorliegend, da ja auch schwerwiegende Vorwürfe gegen Dr. Zwanziger in seiner Eigenschaft als DFB Präsident im Raume standen.

Der zweite Angriffspunkt von Zwanziger war die Hausdurchsuchung. Zwanziger meinte, dass diese Maßnahme, die ihn ja in seiner Intimsphäre beeinträchtige, unverhältnismäßig gewesen sei. Das OLG Frankfurt hielt dagegen und argumentierte, dass Hausdurchsuchungen das geeignete und verhältnismäßige Mittel  seien, um Beweismittel für die Ermittlungen zu beschaffen. Auch hier drang Zwanziger nicht durch mit seinem Begehren auf Schadensersatz.

Der dritte Angriffspunkt war die angebliche Verletzung seines verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts. Hier argumentierte Dr. Zwanziger, dass die Presse immer wieder über Details der Ermittlung öffentlich berichtet hat. Jedoch sah auch hier das OLG Frankfurt keinen Anhaltspunkt, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Denn die Berichterstattung stützte sich im wesentlichen auf die Vergabe der WM 2006 und die dubiosen Geldzahlungen in Höhe von EUR 6,7 Millionen. Die Person Theo Zwanziger sei nur am Rande erwähnt worden. Zudem sei zum Zeitpunkt der öffentlichen Berichterstattung bekannt gewesen, dass gegen Zwanziger öffentlich ermittelt wird. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts von Zwanziger ist hierin nicht zu erkennen.

Fazit: Prüfungsmaßstab im Amtshaftungsprozess

Aus „sportrechtlicher“ Sicht sind die Ausführungen des Senats im sog. „Zwanziger Urteil“ zum Prüfungsmaßstab im Amtshaftungsprozess von Bedeutung: Der Senat stützte sich hier auf bereits anerkannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes(BGH Urteil vom 21.04.1988 – III ZR 255/86). Der BGH hat wiederholt ausgeführt, dass im Amtshaftungsprozess die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle unterliegt. Der Richter im Zivilprozess überprüft nicht, ob die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nach § 152 Abs. 2 StPO richtig oder falsch war. Denn die Ermittlungsbehörden haben einen Beurteilungsspielraum, der einer späteren richterlichen Kontrolle entzogen ist.

Daher kann der Zivilrichter in einem Amtshaftungsprozess nur die Vertretbarkeit der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen überprüfen. Hier ist es gefestigte Rechtsprechung, dass die Vertretbarkeit einer Ermittlung nur dann nicht mehr gegeben ist, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die Einleitung der Ermittlungen gegen den Beschuldigten nicht mehr verständlich ist.

Hintergrund des Verfahrens und Ausblick

In der mündlichen Verhandlung fasste der Vorsitzende Richter die Motivation des Klägers prägnant zusammen: Es gehe dem Kläger Zwanziger nicht um Schadensersatz, sondern Ziel des Amtshaftungsprozesses ist es, sich vom Makel des Ermittlugnsverfahrens zu trennen.

Dies ist auch nachvollziehbar, da die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die noch andauern, in der Öffentlichkeit haften bleiben – unabhängig vom Ausgang.

Das OLG Franfurt hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig.

No Comments

Sorry, the comment form is closed at this time.